
Im Kiez
Hoch hinaus
Die Luft ist gut hier oben und der Blick fantastisch. Dort, wo einmal der vierte Stock eines Wohnhauses an der Zossener Straße in Hellersdorf entstehen soll, rollt Bauleiter Dan Görsdorf von der märkischen ingenieur bau gmbh einen Plan aus. Er zeigt, wie das Geschoss aufgebaut ist: Jede Wand ist durchnummeriert, ein bisschen wie bei einem Lego-Set.
Maurer Dirk Schlöricke stellt gerade einen Türrahmen fertig. Ein kleiner Mauererkran hebt das passgenau gefertigte Betonteil an seinen Platz. Auch die Wände sind vorgefertigt. Sie werden vor Ort mit Beton ausgegossen. Das spart Zeit und Arbeit.
„Eine Baustelle bedeutet immer Teamwork“, erklärt Dan Görsdorf. Wie in einem Uhrwerk müssen alle Rädchen ineinandergreifen, damit die Mieter*innen pünktlich einziehen können.
Die Rädchen sind in diesem Fall die Gewerke. Rund 20 Firmen arbeiten auf der Baustelle, darunter Fliesenleger*innen, Schlosser*innen, Tiefbauer*innen, Maurer*innen oder Maler*innen. Sie bauen für die GESOBAU auf zwei nebeneinanderliegenden Baufeldern des Quartiers Stadtgut Hellersdorf. Insgesamt entstehen hier bis 2023 rund 1500 neue Wohnungen.

Er arbeitet aktiv an Berlins wichtigstem Gut mit: bezahlbarem Wohnraum. Bauleiter Dan Görsdorf auf der Baustelle in Hellersdorf
Foto: Verena Brüning
Den Überblick behalten
Nicht alle der sieben Häuser werden im gleichen Tempo fertig. Während dem Haus, an dem Dirk Schlöricke arbeitet, noch das Dach fehlt, wird ein paar hundert Meter weiter bereits der Boden verlegt. Deshalb sind auch nicht alle 300 Bauarbeiter*innen an diesem sonnigen Nachmittag im Freien. Olga Lazarow beispielsweise klebt in einer 1-Zimmer-Wohnung die Fensterscheiben ab. Sie ist Malerin und Lackiererin und bereitet mit Kreppband und Plastikfolie die Wohnung für den Anstrich vor. „So verhindern wir, dass Farbe auf die neuen Fenster, Lichtschalter oder Steckdosen tropft“, erklärt sie.

Zwölf Häuser entstehen insgesamt auf der Baustelle in Hellersdorf. Sie werden unterschiedlich schnell fertig, bieten bald aber Wohnraum für Berliner*innen
Foto: Verena Brüning
In einer anderen Wohnung verteilen Kolleg*innen Estrich auf dem Boden. Das Gemisch aus Wasser und Zement wird durch ein Kunststoffrohr in das Stockwerk gepumpt, in dem es gerade benötigt wird. Ganz glatt muss die Oberfläche über den in Schlangenlinien verlegten Rohren der Fußbodenheizung sein. Sie dient später als Unterlage für den Bodenbelag.
Bei all diesen zeitgleich ablaufenden Arbeiten behält Dan Görsdorf den Überblick. Mit den Polierer*innen und Vorarbeiter*innen der unterschiedlichen Firmen steht er ständig in Kontakt. Regelmäßig gibt es Konferenzen mit der GESOBAU, den Bauingenieur*innen und Architekt*innen, in Corona-Zeiten per Video-Call.

Olga Lazarow legt los, wenn der Rohbau steht: Sie arbeitet als Malerin und Lackiererin auf der Baustelle

Manche Kräne erreichen bis zu 60 Meter Höhe. Möchte man hier arbeiten, sollte man schwindelfrei sein
Foto: Verena Brüning
Schnell auf Überraschungen reagieren
„Der Computer ist mein wichtigstes Arbeitsmittel“, sagt Dan Görsdorf. Sein Rechner befindet sich in einem der drei Bauleitercontainer. Der ist eingerichtet wie ein normales Büro, mit Aktenordnern in Metallschränken und Besprechungstischen in der Mitte.
Lieber als im Büro ist Dan Görsdorf auf der Baustelle unterwegs. Als gelernter Maurer kennt er das tolle Gefühl, wenn am Feierabend das Haus wieder ein bisschen höher ist, ein neuer Abschnitt fertiggestellt wurde. „Man sieht, was man geschafft hat, und tut etwas Sinnvolles“, sagt er. „Schließlich braucht Berlin dringend neue Wohnungen.“

Foto: Verena Brüning
Gerade steigt über ihm ein zwölf Tonnen schweres Betonbauteil in die Luft. Es wird von einem Autokran auf das Dach des Parkhauses gehoben. In der Kabine sitzt Heinrich Schuhmacher, die Lehne seines Sitzes weit zurückgefahren, den Blick nach oben gerichtet. Diese Position ermöglicht ihm, die Fracht seines Fahrzeuges immer im Auge zu behalten. Dabei braucht er volle Konzentration. Über Funk geben ihm die Kolleg*innen auf dem Parkhaus kurze Befehle, wo er das Bauteil abladen soll.
Die bessere Aussicht haben Schuhmachers Kolleg*innen in den vier Baukränen. Sie arbeiten in ihrer Kabine in bis zu 60 Metern Höhe – und müssen schwindelfrei sein. Denn wenn ihr Kran eine Last anhebt, kann es da oben schon mal ordentlich schwanken. „Zu Beginn der Bauarbeiten standen 13 große Kräne auf der Baustelle, um nach dem Aushub der drei Meter tiefen Baugrube die schweren Bodenplatten zu platzieren“, sagt Dan Görsdorf. Darauf werden dann nach und nach die Geschosse gesetzt. Später transportieren sie auch fertige Treppen und Balkone.
Während der fortschreitenden Bauarbeiten sind die wendigen Radlader zunehmend wichtiger. Mit ihren großen Rädern meistern sie auch das unebene Gelände spielend. „Das sind echte Alleskönner und funktionieren als wichtige Transportmittel von Lasten auf der Baustelle“, erläutert Dan Görsdorf. Gerade biegt ein solches Fahrzeug mit einem Betonschacht auf der Transportfläche um die Ecke. Dadurch werden die Häuser später einmal mit Wasser versorgt.
Für Dan Görsdorf endet die Arbeit an der Baustelle Zossener Straße im Sommer 2022, wenn die Häuser an die GESOBAU übergeben werden. Er zieht dann weiter zum nächsten Projekt, wo er sich neuen Aufgaben widmet. Zu dem Zeitpunkt werden hier in Hellersdorf viele weitere Mieter*innen im Quartier Stadtgut Hellersdorf ihre neuen Wohnungen beziehen, Möbel aussuchen, Gardinen aufhängen und die jetzt noch rohen Wände mit Leben füllen.
Die Baustelle in Zahlen
43 Container dienen als Büros, Umkleide- und Pausenräume für die Bauarbeiter*innen
3.000 Tonnen Stahl wurden bereits in den Häusern verbaut
Etwa 5.000 Transporte sind bisher auf der Baustelle angefallen
Von den fertigen Wohnungen werden 176 speziell für Senior*innen gebaut
Auf dem Areal sind 918 Fahr- radstellplätze vorgesehen, 826 davon überdacht
1500 neue Wohnungen im Quartier Stadtgut Hellersdorf – für Senior*innen, Studierende, große und kleine Familien.
Mehr dazu hier: www.hierwohntberlin.de/hellersdorf
Autorin: Judith Jenner; Aufmacherfoto: Verena Brüning