
Zu Hause
So schmeckt der Wald
Früher war die Waldküche die einzige oder zu Sirup und Gelee verarbeitet. Am besten Ernährungsform der Menschen. Seit einiger Zeit wird die Natur als Vorratskammer neu entdeckt. Auch in Berlin. Essbare Pflanzen gibt es vor der Haustür, etwa in Parks oder Gärten, auf stillgelegten Friedhöfen oder in Gebieten am Stadtrand. Daniela Walter vom Berliner Start-up „Kruut“ (plattdeutsch für Kraut) geht gerne ins Naturschutzgebiet am Schichauweg in Marienfelde. Mit ihren Kolleg*innen stellt sie Kräutertinkturen her.
Ob in der Stadt oder auf dem Land: Ernten sollte man möglichst weit weg von jeder Art von Verschmutzung durch Straßenverkehr, Landwirtschaft oder Tiere. Daniela Walter rät, nur Pflanzen zu sammeln, die man sicher kennt. Am besten starte man mit drei oder vier einfachen Kräutern: „Labkraut, Löwenzahn, Schafgarbe und Brennnessel sind fast immer in der Natur vertreten und leicht zu erkennen.“ Fortgeschrittene finden im Herbst auch Beifußblüten, Dost, Goldrute, Guten Heinrich und Rotklee.
Man braucht nicht viel Ausrüstung. Es genügen ein Beutel oder ein Korb für den Transport, ein Messer und Handschuhe für Brennnesseln. Zum Bestimmen der Kräuter empfiehlt Walter unter anderem das Lexikon „Wildkräuter am Blatt erkennen“ und die App „Naturblick“.

Selbstverpflegung in der Natur: Sogar Blätter von Bäumen sind essbar, zum Beispiel die von der Linde
Foto: Nora Novak
Auch die Blätter einiger Baumarten sind essbar. In Berlin wachsen vor allem Linde, Ahorn und Birke. Junge Lindenblüten und -blätter sind süßlich und schmecken am besten im Frühling, von der Sommerlinde kann man die Blätter auch später im Jahr verwenden – als Smoothie-, Dessert- oder Pestozutat. Tee aus Lindenblüten wirkt entzündungs- und schmerzlindernd. Aus den süß-sauren jungen Blättern vom Spitzahorn kann man einen Salat zubereiten. Vorsicht: Einige Ahornarten wie der Bergahorn sind giftig. Vor dem Verzehr also genau prüfen, von welchem Baum die Blätter stammen. Die Birke ist in nördlichen Ländern schon lange in Küche und Heilkunde beliebt: Die Vitamin-C-reichen Knospen und Blätter machen sich gut im Salat oder Smoothie.
Frische Brombeerblätter, so Walter, gibt die Natur bis in den November her, ebenso wie Wal- und Haselnüsse oder Bucheckern. Auch junge hellgrüne Triebspitzen von Nadelbäumen wie Fichte, Kiefer und Tanne sind essbar, direkt vom Baum sammelt man sie zwischen März und Mai. Ihre ätherischen Öle sind gesund für Magen und Immunsystem. Doch nicht alle Nadelbäume sind genießbar, beispielsweise die Eibe.

Schafgarbe (links) und Brennnessel (rechts) sind leicht erkennbar und in der Natur fast immer vertreten
Foto: Nora Novak
Alle Wildpflanzen sollte man gründlich waschen, vor allem wenn sie in Bodennähe wachsen. In ein feuchtes Tuch gewickelt, bleiben Kräuter und Blätter im Kühlschrank drei bis fünf Tage frisch. Getrocknet als Teezutat, halten sie monatelang. Um sich an die Bitterstoffe zu gewöhnen, rät man bei „Kruut“, zunächst kleine Mengen zu probieren. Die Natur ist voller Nährstoffe, an denen man sich – in Maßen – kostenlos bedienen kann. „Bitte immer nur wenige Blätter und Triebe auf einmal mitnehmen“, sagt Walter. So finden auch Wildbienen und andere Insekten genügend Nahrung.
Das Berliner Start-up „Kruut“ stellt Kräutertinkturen aus heimischen Pflanzen nach einem uralten Verfahren her. Drei Tinkturen sind bisher auf dem Markt: „kraft“, „wohl“ und „ruhe“. Sie bestehen zu 100 Prozent aus Biozutaten. In Berlin bieten die Gründer*innen außerdem Kräuterwanderungen an.
Termine und weitere Informationen gibt es auf
Autorin: Kathrin Hollmer; Aufmacherbild: Nora Novak