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Zu Hause

Klasse statt Masse

Viel zu kleine Ställe, massenhafter Einsatz von Medikamenten und tagelange Transporte zu den Schlachthöfen: Das ist das Schicksal unzähliger Nutztiere. Die meisten Menschen lehnen diese Art der Tierhaltung ab, trotzdem ist die Nachfrage nach Billigfleisch hoch. Doch es gibt Alternativen

Im Sommer startete der Discounter Penny ein Experiment. Im ersten „Nachhaltigkeits-Erlebnismarkt“ in Berlin-Spandau klebte bei einigen Produkten neben dem Verkaufspreis der „wahre Preis“. Dieser enthielt auch „versteckte Kosten“, beispielsweise für den Wasserverbrauch und die Schadstoffemissionen, die während der Produktion anfallen. 500 Gramm Hackfleisch würden fast dreimal so viel kosten – 7,62 Euro statt 2,79 Euro.

Christine Tölle-Nolting ist Expertin beim Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU), für sie ist das ein absurder Preis. „Wenn wir wollen, dass Tiere anständig gehalten werden und die Natur geschützt wird, kann man Fleisch nicht so billig anbieten“, sagt sie.

Knapp 60 Kilogramm Fleisch isst jede*r Deutsche im Schnitt pro Jahr. Der größte Teil davon stammt aus der Massentierhaltung. Bei großen Ställen fällt viel Gülle an, die Böden und Trinkwasser belastet. Der Überschuss an Stickstoff verdrängt seltene Pflanzen. In den Ställen entsteht Ammoniak, ein Gas, das mit anderen Luftschadstoffen reagiert und gefährlichen Feinstaub bildet. Werden Tiere auf engem Raum gehalten, steigt das Risiko für Verletzungen und Krankheiten, vorbeugend werden Medikamente – Antibiotika – eingesetzt, die der Mensch über Fleisch und Milchprodukte zu sich nimmt. In der Folge können Erreger gegen bestimmte Antibiotika resistent werden. Beim Menschen wirken diese Antibiotika unter Umständen dann nicht mehr.

Bei einer Umfrage des Bundeslandwirtschaftsministeriums vor ein paar Jahren gaben knapp 90 Prozent der Befragten an, es sei ihnen „wichtig“ oder „sehr wichtig“, dass tierische Lebensmittel aus besonders tiergerechter Haltung stammen. Die allermeisten Menschen möchten also, dass die Tiere genug Platz und Bewegungsfreiheit haben. Aber das hat seinen Preis – vor dem die meisten im Supermarkt zurückschrecken.

„Wenn Tiere so gehalten werden, wird das Fleisch natürlich teurer“, sagt Tölle-Nolting und rät, lieber seltener Fleisch zu essen und dafür mehr zu bezahlen. Dafür muss ein Umdenken in der Bevölkerung stattfinden. Derzeit wollen viele Menschen in der Theorie Gutes für die Tiere, in der Praxis sind sie aber nicht bereit, dafür zu zahlen – oder zu verzichten.

Obwohl der Fleischkonsum in Deutschland zuletzt leicht gesunken ist, essen die Deutschen immer noch etwa doppelt so viel Fleisch, wie die Gesundheitsexpert*innen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfehlen. Dabei hat fleischlose Küche ihr langweiliges Gemüsebratlingimage schon lange hinter sich gelassen. Viele Gerichte wie Currys, Pasta oder Eintöpfe kommen gut ohne Fleisch aus.

Soll es doch mal Fleisch sein, kauft man am besten aus regionaler Erzeugung oder Wild. Ein Anhaltspunkt beim Einkaufen sind Bio- und Tierwohl-Labels. Tölle-Nolting empfiehlt, auf das Bio-Siegel (in einem grünen Sechseck) oder auf das EU-Bio-Siegel (stilisiertes weißes Blatt auf grünem Grund) zu achten. Hier können die Verbraucher*innen sicher sein, dass die Tiere nur Biofutter bekamen und artgerechter gehalten werden als in konventioneller Haltung.

Noch strengere Kriterien müssen Betriebe für die Siegel der Bioanbauverbände erfüllen. Dazu gehören etwa Bioland, Biokreis, Biopark, Demeter, Ecoland, Gäa, Naturland und der Verbund Ökohöfe. Das Neuland-Label vom Deutschen Tierschutzbund garantiert etwa, dass Tiere Auslauf ins Freie bekommen, in hellen Ställen leben und mit heimischen Futtermitteln ohne Gentechnik gefüttert werden. Außerdem ordnet das Haltungsform-Kennzeichen, eine Initiative von Supermärkten und Discountern, Produkte nach Produktionsbedingungen ein: Darauf abgebildet sind verschiedene Stufen, von 1 (gesetzlicher Mindeststandard) bis 4 (deutlich mehr Platz und Auslauf für die Tiere sowie Biofutter ohne Gentechnik). 

Gute Adressen sind auch Betriebe in und um Berlin. Im Südwesten der Stadt bietet der Biobauernhof in der Domäne Dahlem (Zehlendorf) einen Hofladen, in dem Wurstwaren aus Brandenburg verkauft werden. Noch weiter am Stadtrand, in Berlin-Gatow (Spandau), liegt der Vierfelderhof, ein anerkannter Biobetrieb. Im gleichnamigen Hofladen gibt es Obst und Gemüse aus eigener Ernte, frische Eier, Geflügel und Schweinefleisch. Alternativ kann man Fleisch auch in den Onlineshops von Neuland, meinekleinefarm.org und gruenebauern.de bestellen. So schmeckt der Sonntagsbraten, den man bewusst und mit gutem Gewissen genießt, gleich doppelt gut.

Zehn Hofläden und Bio-Betriebe in Berlin & Brandenburg

  1. Domäne Dahlem (Berlin-Zehlendorf)
  2. Vierfelderhof (Berlin-Spandau)
  3. Hofladen im Kiez (Berlin-Wilmersdorf)
  4. Dithmarscher Hofladen (Berlin-Reinickendorf)
  5. Hofladen Öko Gut Buch (Berlin-Pankow)
  6. Jakobs-Hof in Schäpe (Beelitz, Brandenburg)
  7. Ökodorf Brodowin (Chorin, Brandenburg)
  8. Hof Marienhöhe (Bad Saarow, Brandenburg)
  9. Bio Ranch Zempow (Wittstock, Brandenburg)
  10. Ökohof Kuhhorst (Fehrbellin, Brandenburg)

Eine Übersicht über alle Bio-Siegel und ihre Bedeutungen gibt es unter:
www.siegelcheck.nabu.de


Zwiebelrollbraten von der Wildsau

Zutaten
ca. 1 kg ausgelöste Rippenbögen vom Wildschwein mit Bauchlappen
Senf
Wildgewürzmischung
3 Zwiebeln
1 EL Knoblauchpulver
Salz und Pfeffer
0,5 l Malzbier
3 EL Olivenöl

Zubereitung

  1. Den Ofen auf 120° Grad vorheizen.
  2. Bei Wildschweinrippen genügt in der Regel eine Seite, bei Rehwild 2–3 ausgelöste Dünnungen, also die von den Rippen befreiten Bauchlappen. 
  3. Das ausgelöste Fleisch waschen, trocken tupfen, auf einer Seite mit Senf bestreichen, mit Wildgewürz (gibt es als Gewürzmischung im Supermarkt), Salz und Pfeffer bestreuen und den Bauchlappen zu einer großen Roulade aufrollen. 
  4. Diese Roulade in ein Bratennetz stecken und mit Küchengarn abbinden.
  5. In einem Bräter oder einem Gusstopf die Roulade von allen Seiten anbraten und danach herausnehmen.
  6. Die Zwiebeln schälen, grob zerteilen, in den Bräter geben, mit Malzbier angießen und dann den Rollbraten auf die Zwiebeln legen.
  7. Die Bratrohrpfanne mit Deckel für 3 Stunden bei 150° Grad Umluft in den Ofen geben.
  8. Danach das Fleisch in Alufolie wickeln und im ausgeschalteten Ofen warmhalten.
  9. Den Bratensaft durch ein Küchensieb passieren und mit Speisestärke andicken.
  10. In Scheiben schneiden und zusammen mit Kloß, Rotkohl und Soße servieren.

Dieses Rezept stammt von Werner Steckmann. Der Jäger und Koch empfiehlt lokal produziertes Wildbret. Seine Rezepte veröffentlicht Steckmann unter anderem hier: www.wernerkochtwild.de


Autorin: Kathrin Hollmer


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