
Im Kiez
Weddinger Schmuckstücke
Zum Schluss sind die Treppenhäuser dran, Maler legen hier gerade letzte Hand an. Zuvor hatten Handwerker in den 31 Wohnungen Fenster aufgearbeitet, morsche Deckenbalken ausgetauscht, Stränge und Bäder saniert und die Elektroinstallationen neu verlegt. Für die Mieter bedeutete dieser Aufwand: Während ihr historisches Zuhause ins Jetzt katapultiert wurde, wohnten sie in einer anderen GESOBAU-Wohnung. Doch nun verlässt der Baustaub Stück für Stück das Weddinger Eckhaus, das mit seinen üppigen Verzierungen und dem kleinen Türmchen ein Schmuckstück am Leopoldplatz ist.
»Bei der Sanierung eines über 100 Jahre alten Gebäudes erlebt man immer wieder Überraschungen«, berichtet Projektleiter Sebastian Blecher, sei es beim Entfernen von Dielen oder beim Abreißen einer Wand. Doch diese Baustelle bot noch eine weitere Herausforderung für den erfahrenen Sanierer, der schon einigen GESOBAU-Häusern zu neuem Glanz und zeitgemäßem Wohnkomfort verholfen hat. »Der Dachstuhl empfahl sich durch Höhe und Zustand für einen Ausbau«, erzählt Blecher.
Späte Liebe
Fünf sehr individuelle Wohnungen konnten so neu geschaffen werden. Parkett und die Pfosten und Querbalken der alten Dachkonstruktion machen diese außergewöhnlich, ebenso wie der Blick von den Terrassen: Jenseits der weit unten tosenden Müllerstraße strahlt die strenge Backsteineleganz der berühmten Schinkelkirche.


Die Pfosten des historischen Dachstuhls prägen die fünf neuen Wohnungen am Leopoldplatz in Berlin-Wedding
Es ist ein typisches Mietshaus aus der Gründerzeit: Hinter der repräsentativen Straßenseite versteckten sich damals einfache, hoffnungslos überbelegte Wohnungen. Als soziale Brennpunkte der Kaiserzeit hatten viele Gebäude im Nachkriegsberlin einen schweren Stand – sofern sie den Krieg überdauert hatten. Stadtplaner wollten die »Arbeiterkasernen« zugunsten von Neubauprojekten lieber abreißen lassen. Erst Ende der 1970er-Jahre begann die Renaissance der historischen Berliner Bausubstanz, bei deren Instandsetzung die Stadt künftig technische wie soziale Bedürfnisse berücksichtigen wollte.
Jedes Haus hat seine eigene Geschichte
Auch die GESOBAU hat so über Jahre eine hohe Kompetenz in der Altbaumodernisierung erworben. Gerade hier im Wedding hat sie neben der 50er-Jahre-Siedlung Schillerhöhe überwiegend Streubesitz von einzelnen Mietshäusern aus unterschiedlichen Epochen: Jedes davon hat seine ganz eigene Geschichte, jedes seinen ganz eigenen Weg ins Portfolio der Wohnungsbaugesellschaft.
Nebenan hat Sebastian Blecher ein weiteres Gründerzeithaus sanieren lassen, wie auch die gleiche Farbwahl für die Fassade zeigt. »Stuckfassaden werden nicht wärmegedämmt – dem Stadtbild zuliebe«, erklärt er vor dem Haus mit rund 60 Wohnungen um zwei Innenhöfe. »Die Hoffassaden wurden hingegen gedämmt.« Er verrät weitere Erfahrungen aus der Altbausanierung: Die Innenflügel historischer Fenster könne man für Energieeinsparung und Schallschutz mit Isolierglas aufrüsten, die Heizkosten der Wohnungen im Erdgeschoss und im obersten Stockwerk würden durch eine Isolierung der Kellerdecke und des Dachbodens deutlich sinken.

60 Wohnungen gruppieren sich in der Luxemburger Straße 5 im Wedding hinter der repräsentativen Fassade
Text: Peter Polzer; Foto: Thomas Bruns