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Dirigent und Komponist Thomas Hennig lacht mit einem anderen Mann

Im Kiez

Kiezspaziergang: Voller Leben

Speisen aus aller Welt, einladende Cafés und viel Geschichte – Wilmersdorf ist ein abwechslungsreicher Stadtteil. Der Dirigent und Komponist Thomas Hennig lebt gern hier und zeigt uns seine liebsten Orte

Wir stehen vor dem Haus in der Pariser Straße 19, einem typischen Berliner Altbau. Thomas Hennig ist ehrfürchtig, das Gebäude hat für ihn eine persönliche Bedeutung. „Hier hat Alexander von Zemlinsky gelebt“, sagt er. Der österreichische Komponist und Dirigent (1871–1942), der von 1927 bis 1933 in Berlin Station machte und an der damaligen Hochschule für Musik unterrichtete, gehört zu den großen Vorbildern von Thomas Hennig.

Der 50-Jährige wohnt seit 20 Jahren in Berlin, seit 2013 in Wilmersdorf. Er stammt ursprünglich aus Hannover, hat für sein Studium Station in Wien und München gemacht und auch in den USA und der Türkei gelebt. Heute dirigiert er unter anderem das Preußische Kammerorchester in Prenzlau oder die Berliner Symphoniker.

Wir lassen Zemlinskys Haus hinter uns und laufen die ruhige Pariser Straße entlang. Hier sind wenige Autos und viele Leute zu Fuß unterwegs. Wir gelangen zur Sankt-Ludwig-Kirche, einem großen Bau aus rotem Backstein. Hennig gibt in der Kirche häufig Konzerte. „Und sonntags sitze ich mit Freunden zum Quatschen auf dem Platz vor der Kirche und trinke Kaffee“, sagt er. Der Platz ist grün und voller Blumen, er lädt zum Entspannen ein. Auf dem Spielplatz hinter der Kirche toben Kinder.

Weiter geht es auf der herrschaftlichen Ludwigkirchstraße. Sie ist gesäumt von Bäumen, in deren Schatten sich einige Menschen niedergelassen haben. Manch eine*r mit einer Zeitung in den Händen, andere unterhalten sich oder genießen einfach das schöne Wetter.

Ein Tipp für alle, die es gern süß mögen: die Konditorei „Zuka“ in der Emser Straße

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Foto: Verena Brüning
Thomas Hennig ist Stammgast in „Shaniu’s House of Noodles“ und hängt sogar an der Fotowand im Restaurant

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Foto: Verena Brüning

Am Ende der Ludwigkirchstraße kommen wir auf die Fasanenstraße. „Hier lebte von 1932 bis 1933 Heinrich Mann“, steht auf einer Gedenktafel in schwarzer Schrift, die an einem herrschaftlichen Haus mit weißer Fassade hängt und an den Schriftsteller (1871–1950) erinnert. Zwei Häuser weiter ging die schwedische Schauspielerin und Sängerin Zarah Leander (1907–1981) ein und aus. „Im Viertel lebten damals wirklich viele Künstler*innen. Und viele Orte haben auch einen Bezug zur Zeit der Vertreibung“, sagt Hennig. Zemlinsky, Mann und zahlreiche andere verließen Deutschland während des Nationalsozialismus und gingen ins Ausland. „Doch hier finden sich immer noch ihre Spuren, das finde ich toll.“

Heute leben im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf rund 340 000 Menschen auf einer Fläche von knapp 65 km². Der Stadtteil Wilmersdorf ist einer der grünsten in Berlin.

Auch die Fasanenstraße wird von vielen Bäumen gesäumt. Von dieser aus gelangen wir noch mal auf die Pariser Straße, wo sich auch Hennigs Lieblingsrestaurant im Kiez befindet: „Shaniu’s House of Noodles“. Der Besitzer Changqing Lin stellt draußen gerade Tische und Stühle auf. Hennig begrüßt ihn lachend mit einer Umarmung. Er ist hier Stammgast, seit er im Viertel wohnt. Lin kennt sogar sein Lieblingsgericht: „Rindfleisch mit Paprika, ein wenig scharf.“ Hennig schätzt die kulinarische Vielseitigkeit seines Viertels – Chinesisch, Japanisch, Französisch, Türkisch – es gibt Essen aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt.

Als wir mit dem Essen fertig sind, möchte Hennig uns noch eine weitere Stelle zeigen, an der ein berühmter Künstler sein Zuhause hatte. Wir treten durch eine riesige Arkade am Ende der Pariser Straße auf die Bundesallee und spazieren nach Süden zum Prager Platz. In dessen Mitte thront ein Springbrunnen. Menschen laufen mit ihren Einkäufen aus einer Passage heraus, sitzen auf Bänken rund um den Brunnen und essen Eis in der Sonne. „Um die Ecke hat Erich Kästner gewohnt“, sagt Hennig. Von 1927 bis 1931 lebte der Schriftsteller (1899–1974) in der Prager Straße 17 – heute entspricht das etwa der Nummer 12. In dieser Zeit erschien eines seiner berühmtesten Bücher: „Emil und die Detektive“. Der Roman spielt auch rund um den Prager Platz.

Unser Spaziergang neigt sich dem Ende zu, und wir wollen zum Abschluss noch einen Kaffee trinken. Hennig führt uns über die Trautenau- und die Nikolsburger Straße zum Café „LaMa“ auf dem Hohenzollerndamm. Auch hier ist er Stammgast, das Café ist nicht weit von seiner Wohnung entfernt. „Ich mag die Kuchen und den Mittagstisch total gerne.“ Besonders lecker sei der Zitronenkuchen. Das Rezept stammt von der Oma des Besitzers. „Es könnte aber auch von meiner stammen“, sagt Hennig und lacht.

   


Text: Maria Caroline Wölfle; Fotos: Verena Brüning


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