
Im Kiez
Kunstvoller Durchgang
Sabine Böck springt vom Fahrrad, als sie Chi im Durchgang am Wilhelmsruher Damm stehen sieht. „Ich freue mich jeden Tag über deine Bilder“, sagt sie und umarmt die Künstlerin. Böck wohnt seit 50 Jahren in dem Gebäude, das manche im Märkischen Viertel den Langen Jammer nennen. Gemeinsam mit anderen Bewohner*innen hat sie vor einigen Wochen mitentschieden, wie der etwa zehn Meter lange Durchgang, der vom Wilhelmsruher Damm zur Rückseite des Wohnblocks führt, verschönert werden soll.
Street-Art-Künstlerin Chi hatte dafür acht Entwürfe eingereicht. Nun sind zwei farbige Bilder umgesetzt worden – ein helles, mit weitem Himmel, in dem Blau, Rosa und Hellgrün dominieren. Und ein dunkles Bild mit Mond und Sternen in Lila, Dunkelblau, Schwarz und Rot. Beide zeigen die Häuserzeile: einmal bei Tag, einmal bei Nacht.
Der bislang eher triste Durchgang – den die Menschen hier wegen der ständig herrschenden Zugluft auch Windkanal nennen – sieht jetzt bunt und freundlich aus. Den Anwohner*innen gefällt das. Viele haben Chi und ihrem Bruder Alexis im August bei der Arbeit zugeschaut. Eine Woche haben die beiden gebraucht, um die neun mal drei Meter großen Bilder an die Wände im Durchgang zu bringen. Die Häuser und Bäume hat Chi freihändig aufgemalt, kleinere Motive, wie die vielen Fenster, mit einer Schablone übertragen. Dann wurden die Skizzen mit Sprühfarben ausgefüllt. „Bei der ständigen Zugluft war es gar nicht so einfach, die Farben richtig aufzubringen“, sagt Chi.
Chi ist eine der wenigen Frauen, die seit Jahren zur Berliner Graffiti-Szene gehören. Seit einiger Zeit leitet sie auch Kurse für Mädchen und arbeitet mit etlichen Frauen zusammen, die sich im Ribbeck-Haus treffen. Mit ihnen hat sie bereits mehr als 30 Strom- und Postkästen im Märkischen Viertel besprüht. Die farbenfrohen Bilder sind zu markanten Punkten im Kiez geworden. „Die Motive haben wir uns gemeinsam überlegt“, sagt Chi.
Bild oben: Chi und ihr Bruder Alexis wollen mit ihren Bildern gute Laune und positive Energie verbreiten. Im Märkischen Viertel ist ihnen das gelungen (Foto: Verena Brüning)