
Im Kiez
Die wilde 13 erobert Pankow

Ein Haus, in dem man niemanden kennt? Heidemarie Mehlan möchte lieber anders leben.
Was verbindet 13 Menschen von 9 bis Mitte 80, die sich zum Teil kannten, zum Teil miteinander verwandt sind und sich zum Teil noch nie in ihrem Leben begegnet sind? Richtig: Sie wohnen zusammen. In der Pankower Mendelstraße entstand 2018 ein Neubaukomplex, 351 Wohnungen, 351 verschiedene Lebensentwürfe, jede Menge neue Nachbarn. In Aufgang 6b wohnen die Mitglieder des Vereins »Wohnen in Gemeinschaft e. V.« Jede Partei in ihrer Wohnung, aber der Name ist Programm. »Ich finds schön hier«, sagt Heidemarie Mehlan, sie ist im Vorstand des Vereins und hat zu Berufsjahren als Englischlehrerin gearbeitet.
In ihrem alten Wohnhaus war niemand für gemeinsame Unternehmungen zu haben. Die Berliner Netzwerkagentur GenerationenWohnen brachte sie mit den anderen zusammen. Beim Pankower Wohntisch treffen sich regelmäßig Menschen, die Gleichgesinnte für Wohnprojekte suchen.
WG-Feeling von Anfang an
Die meisten kommen alleine oder mit dem Ehepartner. Man guckt dann erst mal, wer zu einem passen würde. Auch bei „Wohnen in Gemeinschaft“ gab es ein paar Wechsel, bis die jetzige Besetzung stand. »Aber das waren die Richtigen, die abgesprungen sind«, da sind sich auch Joachim Wirtz und seine Frau Christa Kohlhaas einig. Ein bisschen WG-Feeling war von Anfang an da: Die fehlenden Mitglieder für das Projekt fand man über ein Casting in der Brotfabrik. Ganz wie zu Studentenzeiten. Die Netzwerkagentur half dann bei der Umsetzung – und bei der Suche nach einem passenden Haus. »Und das war gar nicht so einfach, eine Wohnungsbaugesellschaft zu finden, die uns nimmt«, erinnert sich Christoph Meyer, der ebenfalls im Vorstand des kleinen Vereins ist.

Familie Meyer ist mit drei Generationen dabei: Neben Günter Meyer und seiner Frau Ingrid Meyer-Riegel lebt im Haus auch ihr Sohn mit Frau und Kindern. Für das Wohnprojekt verließen sie das schwäbische Pforzheim, in dem sie 40 Jahre zu Hause waren. Meyer war Fotograf – in seinem Arbeitszimmer sortiert er jetzt sein umfangreiches Archiv.
Sich mal den Bohrer ausleihen, nebenan die Lampe anschrauben, zusammen fernsehen oder Spiele spielen: Der Mehrgenerationen-Wohngruppe in der Mendelstraße wird es garantiert nicht langweilig. Die Gemeinschaftswohnung wird mit Möbeln eingerichtet, die bei den Umzügen übrig blieben. Was jetzt noch im Weg steht, soll demnächst auf dem Flohmarkt verkauft werden. Der Erlös wandert dann in die Kaffeekasse.
Bei der GESOBAU wurde die Gruppe schließlich fündig. Und so bezogen die elf Erwachsenen, von denen knapp die Hälfte noch berufstätig ist, und zwei Kinder im Januar 2019 ihre neue Heimat. Einen festen Termin am Tag hat die Gruppe übrigens schon: Um 8:15 Uhr gibt es Frühstück im Erdgeschoss.

Joachim Wirtz und seine Frau zeigen in ihrer 70-qm-Wohnung ihre Liebe zu Asien. Die beiden sind echte Sportskanonen: Sie unterrichten Qigong, eine chinesische Meditations- und Kampfkunstart. Und wenn sie dafür nach Kreuzberg müssen – dann nehmen sie das Rad.
Von Redaktion